Sprachliche Barrieren im Krankenhaus (4 Ob 36/10p)

17. Juli 2016

Der vorliegende Beschluss des OGH ist äußerst spannend für Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe bzw für die Ärztinnen und Ärzte.

Kurz zusammen gefasst geht es darum, welchen Sorgfaltsmaßstab Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (hier: ein Gesundheits- und Krankenpfleger bzw ein Arzt) in einer Ambulanz an den Tag zu legen haben, wenn Sie die Patientinnen bzw Patienten aufgrund sprachlicher Barrieren nicht verstehen oder diese gar für Besucher halten.

Zusammenfassung der Entscheidung: Drei serbokroatisch sprechende Personen (Mutter, Sohn, Enkelsohn) benötigen medizinische Versorgung aufgrund eines in derer Wohnung aufgestellten defekten (und verbotenen) Ofens der daraus resultierenden Rauchgasvergiftung. Bereits die Rettung nimmt nur die Frau als Patientin, die beiden Herren aber als Begleitung war. Im Krankenhaus versuchen die Herren verständlich zu machen, dass auch sie eine medizinische Versorgung benötigen würden. Die Frau wird stationär aufgenommen. Einer der Männer erhält – wahrgenommen als aufgeregter Besucher – ein Medikament zur Beruhigung verabreicht. Einige Stunden später versuchen die Herren nochmals Kontakt mit dem dortigen Personal aufzunehmen, diesmal über eine wenig Deutsch sprechende Bekannte. Der Gesundheits- und Krankenpfleger weist die Herren ab. Die Herren verlassen das Krankenhaus, gehen nach Hause und versterben dort.

Der OGH geht in seiner Entscheidung im Detail darauf ein, wie „sorgfältiges Handeln“ im konkreten Fall ausgesehen hätte bzw wie das Erstgericht festzustellen hat, ob das Handeln (nach Hause schicken) bzw Nichthandeln (Unterlassung einer Untersuchung) des Personals kausal für die Tod der beiden Männer sei.
Der Beschluss ist vom RIS unter Judikatur unter Eingabe obiger Geschäftszahl downloadbar.